Kieler Helden

Roman

Gustav Adolf Neuber: 

Schöpfer der Asepsis  


Im Königsweg 8 in Kiel steht das Sankt Elisabeth Krankenhaus. Hier eröffnete der Chirurg Gustav Adolf Neuber 1886 eine Privatklinik, die er zuvor konsequent nach aseptischen Grundsätzen konzipiert hatte. Es war weltweit die erste Klinik dieser Art.

 

Im Roman erklärt Neuber dies so:

Bei den herkömmlichen Kliniken mangelt es »... an der Asepsis, an der Freiheit von krankheitserregenden Stoffen. Das wurde früher unterschätzt. Als ich mein Medizinstudium begann, verfügten die Chirurgen bereits über exzellente Operationsmethoden. Aber trotzdem war die Sterblichkeit hoch, und zwar wegen der Wundinfektion. Man ging dazu über, das Operationsfeld zu säubern, indem man Karbol zerstäubte. Der Operateur stand in einem dichten Nebel und konnte kaum etwas sehen. Doch das Karbol wirkte zum einen nur unzureichend, griff zum zweiten das Gewebe in der Operationswunde an und zum Schluss erkrankten die Ärzte an der Lunge. Dann habe ich mir gedacht, man müsse die Infektionserreger nicht nachträglich abtöten, sondern schon vorher dafür sorgen, dass sie erst gar nicht in das Operationsfeld gelangen.

Das bedeutet peinlichste Sauberkeit im Raum. Und das beginnt beim Raum selbst: keine Vorhänge vor den Fenstern, keine unnötigen Ecken, kein Zierrat, glatte, pflegeleichte Flächen, keine unnötigen Geräte, einteilige Instrumente ohne Holz. Und das Aufwendigste: verwirbelungsfreie Zufuhr reinster Luft. Wir haben im Keller eine spezielle Heizungsanlage stehen. Dort wird frische Luft durch Gaze gefiltert, dann stark erhitzt, anschließend wieder abgekühlt und direkt in die Operationsräume geleitet. Ein ständiger leichter Luftzug spült so alle in der Luft schwebenden Stoffe aus dem Raum. Der Fußboden besitzt ein leichtes Gefälle. Alle Abwasser, Blut, Urin, Eiter rinnen durch ein Siel hinaus. So etwas müssen Sie bereits beim Neubau einer Klinik planen – nachrüsten lässt sich das nur schwer.

Jede Operation wird mit peinlichster Sauberkeit vorbereitet: Zuerst wird der gesamte Raum auf das Gründlichste gereinigt, dann werden sämtliche Flächen mit Sublimatwasser benetzt. (...) Sämtliche Instrumente verbleiben im Raum und werden dort gereinigt und mit Hitze entkeimt. Außerdem benutzen wir die Räume ausschließlich in einem abgestuften aseptischen System. In dem einen Raum werden nur Operationen in frischem Gewebe durchgeführt, in einem anderen Raum nur Operationen in infiziertem Gewebe, im dritten Raum Operationen mit Eiter, Urin und so weiter. Auf diese Weise haben wir die Wundinfektionen drastisch reduziert.«

 

Die beschriebene Raumluftsterilisation, heute Laminar Flow genannt, wird in ihren Grundzügen noch immer so durchgeführt und stellt bis heute das in Operationssälen erreichbare Höchstmaß an Keimarmut sicher.